Eltern für
Zweisprachigkeit: wer sind wir?
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Warum Immersion?
Die Schulversuche an einigen italienischen Grund- und
Mittelschulen in Bozen bauen auf dem Prinzip der sprachlichen Immersion auf. Sie gehen
davon aus, daß der Schüler die zweite Sprache besser erlernt, wenn diese nicht nur ein
Fach an sich ist, sondern als Mittel für die Aneignung anderer Lerninhalte benutzt wird.
Wenn ein Schüler zum Beispiel Geographie oder Geschichte auf Deutsch lernt, dann wächst
gleichzeitig seine Sprachkompetenz in Deutsch mit. Der Schüler vertieft Wortschatz und
Grammatik, er lernt kulturelle und sprachliche Eigenschaften besser kennen.
Wo fing das an?
Der Immersionsgedanke fand erstmals eine didaktische
Anwendung in Kanada in den 60er Jahren, als Eltern englischsprachiger Schüler diese
Methode durchsetzten. Sie hatten feststellen müssen, daß ihre Kinder die französische
Sprache in der Schule nur wenig oder schlecht erlernten.
In Kanada wurde daraufhin ein Modell der Ganzimmersion erarbeitet, das jetzt auch in
einigen Teilen Europas zur Anwendung kommt. In Katalonien, im Baskenland und in Finnland
wurden schon beachtliche Erfolge festgestellt.
Mit vier Jahren wird die gesamte Kindergartentätigkeit in der "fremden" Sprache
durchgeführt. Die Muttersprache kommt erst in den darauffolgenden Jahren hinzu. In den
letzten Jahren der Pflichtschule wird die Hälfte der Unterrichtsstunden in der
Zweitsprache und die Hälfte in der Muttersprache gehalten. Die meisten Schüler sind nach
Abschluß der Pflichtschule zweisprachig.
Selbstverständlich sind auch andere Kombinationen in der Gewichtung der Sprachen
möglich.
Das Südtiroler
Modell
In Südtirol sieht der Schulversuch eine eher begrenzte
Immersion vor. Das heißt, daß nur wenige Fächer davon betroffen sind, hauptsächlich
Geographie, und daß eher spät begonnen wird: an der Mittelschule (6 bis 8 Klasse) oder
ab der dritten Klasse Grundschule.
Angestrebt wird eine Einführung bereits ab dem Kindergarten, weil dort mit dreijährigen
Kindern und zwei Stunden Immersion am Tag die besten Erfolge erzielt werden können.
Was hat es bis jetzt
in Südtirol gegeben?
Der erste Schulversuch wurde vor drei Jahren an der
Mittelschule "Archimede" in Bozen initiiert. Der Deutschlehrer übernahm dort
auch den Unterricht der Geographie.
Der Erfolg war beachtenswert. Man konnte eine veränderte, positive Einstellung der
Schüler zur deutschen Sprache, der man erstmals mit Interesse und Zuneigung
gegenüberstand, beobachten.
Ähnliche Resultate konnte man an der Grundschule "Archimede" in Bozen
feststellen. Dort wurde die Deutschlehrerin in das Team aufgenommen. Ihr Unterricht bekam
somit automatisch ein höheres Ansehen. Die Leistungen wurden mit vergleichbaren Klassen
ohne Immersion verglichen und man konnte bessere Leistungen sowohl in der Disziplin als
auch in der Aneignung der Sprachkompetenzen feststellen. Somit kann man behaupten, daß:
- durch die Immersion die Fachkenntnisse nicht hinter die
sprachliche Kompetenz gestellt werden,
- die positive Einstellung zur zweiten Sprache zu besseren
Leistungen im Fach Geographie geführt hat.
Dieses kleine Wunder kann man wohl auf den höheren
Motivationsgrad der Schüler zurückführen.
Der bedeutendste Schulversuch findet aber zur Zeit an einer Privatschule statt, der
Grundschule "Marcelline, wo ab der ersten Klasse die Hälfte der Stunden auf Deutsch
und die Hälfte der Stunden auf Italienisch abgehalten werden. Hinzu kommen einige
Englischstunden. An der Mittelschule werden in der Schule "Marcelline" sowohl
Geschichte als auch Geographie in Deutsch unterrichtet.
Warum geht es nicht weiter?
Während verschiedene Schulen versuchen, den
Zweitsprachenunterricht neu zu gestalten, bremst die Politik mit Verboten und
Schwierigkeiten diese hoffnungsträchtige Entwicklung. Die Landesregierung, die im Bereich
Schulversuche über spezifische Zuständigkeiten verfügt, versucht die Schulversuche
einzudämmen und zu beenden. Im heurigen Jahr (1996) hat sie versucht, bestehende
Schulversuche durch das Verbot der Kopräsenz einzuschränken. Weitere neue geplante
Schulversuche wurden abgelehnt.
Die Landesregierung befürchtet, daß auch an deuschen Schulen ähnliche Versuche gewagt
werden könnten, die die "Reinheit" der deutschen Schule gefährden könnten.
Es wird leider nicht nur die Immersion aktiv bekämpft, sondern auch alle Kontakte
zwischen italienischen und deutschen Schulen durch Einschränkungen und
Verbürokratisierung erschwert.
In Südtirol, wie im Kanada der 60er Jahre, schließen sich Eltern zusammen, um ihren
Kindern die Aneignung der zweiten Sprache zu erleichtern. Sie sind fest entschlossen, die
von ihnen gewünschten Schulversuche zu verteidigen und für sie und ihre Kinder eine
bessere Eingliederung in die Südtiroler Gesellschaft zu erreichen. |